Es braucht vermutlich den Geist friedensstiftender Rebellion, um Kriege von dieser Erde zu verbannen. Mit einfachen Worten, die es allerdings gehörig in sich haben, verrät uns der Autor des heutigen Beitrages, wie das gehen kann. Dafür galt der Verfasser seinerzeit sowohl der weltlichen als auch der geistlichen Obrigkeit als Rebell, der verfolgt werden musste: Hafis, ein spirituell Suchender des 14. Jahrhunderts, weiß, was es braucht, um die Waffen niederzulegen.
Jetzt ist es an der Zeit
Jetzt ist es an der Zeit
Zu wissen,
Dass alles, was du tust,
Heilig ist.
Warum erwägst du dann nicht
Einen dauerhaften Waffenstillstand
Zwischen dir und Gott?
Jetzt ist es an der Zeit zu erkennen,
Dass alle deine Vorstellungen von richtig
und falsch
Nur Stützräder waren,
Die beiseite gelegt werden müssen,
Wenn du endlich
In Wahrhaftigkeit
Und Liebe
Leben willst.
Hafis ist ein Bote Gottes,
Dem der Geliebte
Eine heilige Botschaft aufgetragen hat.
Mein Liebes, bitte sage mir:
Warum wirst du noch immer mit Stöcken
Auf dein Herz
Und nach Gott?
Was weckt deine Angst,
Wenn du der süßen Stimme deines Herzens
Lauschst?
Jetzt ist es an der Zeit, dass die Welt erkennt,
Dass jeder Gedanke, jede Handlung
geheiligt ist
Jetzt ist es für dich an der Zeit
Zu begreifen,
Dass es unmöglich
Etwas anderes geben kann
Als Gnade.
Jetzt ist die richtige Jahreszeit,
um zu erkennen,
Dass alles, was du tust,
Heilig ist.
Hafis*
*Hafis wurde in Schiras geboren und lebte von ca. 1320 bis 1389 — etwa während der Zeit eines Meister Ekkehard und einer Hildegard von Bingen. Hafis galt sowohl der weltlichen als auch der geistlichen Obrigkeit als Rebell, der verfolgt werden musste: Er war überzeugt, dass es eine Gotteserfahrung auch ohne Mittler geben kann.
Viele seiner (ca. 5000) Gedichte wurden vernichtet. Hafis musste mehrmals fliehen und einige Jahre im Exil in äußerster Armut verbringen. Im Westen wurde sein Werk durch Goethe bekannt, der ihn begeistert als Seelenbruder bezeichnete uznd nach seiner Begegnung mit Hafis’ Werk den West-Östlichen Divan schrieb.
Dass Hafis ein Sufi war, wussten auch viele seiner Zeitgenossen nicht. Die Lehren der Sufis werden in einer Symbolsprache ausgedrückt: Das Bild vom Wein und der Taverne steht für die Liebe und die Sufi-Schule, die Nachtigall und die Rose entsprechen der/dem Geliebten. Die spirituell Suchenden werden als Clowns, Bettler oder trunkene Wegelagerer bezeichnet.
Für Gott hat Hafis ein einzigaritiges Vokabular: Er/Sie/Es ist für ihn mehr als nur der Vater, die Mutter, das Unendliche — für ihn ist er der großzügige Kaufmann, die Problemlöserin, der/die Freund*in, der/die Geliebte — jemand, den wir in allem treffen können.
Noch heute werden seine Gedichte im Iran gesungen — von Bauern, Handwerkernd, Gelehrten, Prinzen und Kindern. Dort wird seine Gedichtsammlung Divan heute häufiger verkauft als der Koran.
die den oben zitierten Text ins Deutsche übertragen hat.
Textquelle: “Hafis: Die Liebe erleuchtet den Himmel”
Fotoquelle: “Marina Abramović: The Cleaner ”
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