Das Scheitern, ein Privileg der Erfolgreichen

In einer Zeit, die sich die Perfektion an oberster Stelle auf die Agenda gesetzt hat, wirkt der Ruf eines Management-Gurus geradezu provokant: „Machen Sie Fehler!“, forderte Tom Peters noch vor der Jahrtausendwende sein Publikum auf. Birgitt Morriens Essay zu Peters' Credo in ManagerSeminare liest sich unverändert aktuell. Im Coaching-Blogger greift sie das Thema 15 Jahre später noch einmal neu auf.

Adapt: Why Success Always Starts With Failures“, titelt die jüngste Publikation des Ökonomen Tim Harford. Aber das Scheitern ist ein Privileg der Wagemutigen, die sich trauen, auf Abenteuer zu setzen, deren Ausgang ungewiss ist. Oft ist es der Umweg des Scheiterns, der den Zufall auf den Plan ruft, dem sich zahllose Neuerungen der Moderne verdanken. Etwa das Penicillin, das Sir Alexander Fleming zufällig entdeckte.

Neuerungen stoßen immer auf Widerstand oder es sind keine Neuerungen. „Die Traumdeutung“ Sigmund Freuds war für die Dauer von 10 Jahren nach Erscheinen ein Ladenhüter. Freud überlebte als Psychoanalytiker „am Kunden“. Johannes Gutenberg traf es schlimmer: Zwar läutete er mit seiner Erfindung des Buchdrucks eine Medienrevolution ein, doch ohne dass es ihm als Geschäftsidee ein Auskommen beschert hätte.

„Von jeder neuen Idee fühlen sich die Leute angepisst“, verkündete Tom Peters, bereits erwähnter nordamerikanischer Management-Guru 1998 in Zürich. Er sprach von der anderen weiblichen Kultur als relevantem Wirtschaftsfaktor: „Wenn Männer in einer Bank eine Transaktion vornehmen, dann erwarten sie, dass das Geld von einem Konto auf ein anderes überwiesen wird. Punkt. Frauen (dagegen) wollen ein Erlebnis.“

Neu ist die Idee nicht wirklich, als die Peters seine Erkenntnis seinerzeit vor einem elitären Zirkel verkündete. Provokant aber gab er sich allemal, wenn er forderte: „Lassen Sie sich feuern! Wenn Sie Ihre Ideen nicht energisch genug vorantreiben, um dafür gefeuert zu werden, dann sind Sie nicht energisch genug.“

Neu ist jedoch die Behauptung, die Zukunft unseres Planeten hinge davon ab, dass unseren Träumen Raum gegeben werde. Träumen braucht Zeit, entschleunigt also. Träumen weist neue Wege, wirkt also lösend.

Wo etwa der Ägyptologe Heinrich Brugsch-Pascha bei „vollem Verstand“ nicht weiterkam, gelang es ihm träumend, die bis dahin nicht entzifferten Hieroglyphen zu übersetzen. Wo Albert Einstein kopfzerbrechend an Grenzen stieß, eröffnete ihm ein Traum den Zugang zur Finalisierung seiner Arbeit an der Relativitätstheorie.

Wo mein Großvater im Krieg zwar keine Telefonverbindung zu seinem Sohn in der Ukraine herstellen konnte, vermittelte sich ihm die Nachricht von dessen Tod telepathisch. Wo mir wach kein Name für meine intuitionsbasierte Coaching-Methode einfiel, brachte mir ein Traum 1995 den Namen „DreamGuidance“.

Damit wende ich planmäßig an, was Brugsch-Pascha, Einstein und mein Großvater intuitiv taten: auf ungewöhnliche Art und Weise, träumend, mit einem Thema oder einer Person zu kommunizieren. So nutze ich in der Arbeit mit meinen Klienten und Kunden über kognitive Ressourcen hinaus etwa den gelenkten Tagtraum und leichte Trancen. Was sich da als Chiffre zeigt, wird anschließend zu dem Thema in Beziehung gesetzt und begünstigt so neue Impulse zur Problemlösung, sei es in Wirtschaft, Wissenschaft oder für persönliche Fragestellungen.

Ob Brugsch-Pascha, Einstein, mein Großvater oder ich: Für historische Größen wie einfache Zeitgenossen gilt: Das Neue umgibt immer die Aura des Unglaublichen, mitunter des Unglaubwürdigen. Der Umgang damit jedoch wird allen Pionieren zugemutet.

 

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