Ein Coaching-Erfahrungsbericht (out of 55)
SABBAT!
Mein Leben war schon immer eine Wanderung durch Höhen und Tiefen. Zu Birgitt Morrien gekommen bin ich fraglos in einer ernst zu nehmenden Senke. Ich hatte die Reißleine gezogen nach zwanzig Jahren Führungsverantwortung. Ich brauchte eine Pause.
Dass daraus ein Sabbatjahr geworden ist, hat sicherlich mit der Arbeit im Coaching zu tun. Ich war zwar offen für überraschende Wendungen in meiner Laufbahn, doch kostete mich der Schritt in das frei fliegende Jahr auf jeden Fall Mut.
GENESE
Ich schildere hier die frühe Episode eines längeren Prozesses der persönlichen Selbsterkundung und strategischen Neuausrichtung im Coaching mit Birgitt Morrien. Indem ich als Coachee/Klient meine eigenen Fragen bearbeite, lerne ich darüber als Coach in Fortbildung zugleich ausgewählte Techniken ihrer DreamGuidance-Methode kennen.*
Eine Besonderheit von Morriens Wirken liegt fraglos darin, über kognitionsbasierte Ansätze hinaus ergänzend die besonderen Möglichkeiten der KUNST zielführend in ihre Beratungsarbeit einzubinden. Dabei berücksichtigt sie drei Optionen:
A) Themenzentrierte Kunstrezeption
B) Schöpferische Kraft der Klient*innen wecken und nutzen
C) Coach Morrien bringt sich selbst als Künstlerin planmäßig in den Prozess ein
Im Folgenden finden sich beispielhaft alle drei Ebenen.
LEBENSREISE
Hilfreich war gleich zu Beginn des Coachings die geführte geistige Reise durch mein Leben. Es ging zunächst in meine Zukunft, dann zurück an den Anfang, um dann in Siebenjahresschritten wesentliche Momente tiefer innerer Erfüllung zu erkunden.
Das gelang erstaunlich gut, es war geradezu leicht, und ich staunte nicht schlecht über die Augenblicke, die sich mir da zeigten. Oft profan anmutend, doch bei genauerem Hinsehen und Hinspüren bedeutsam.
An dieser Stelle geht es mir nun vor allem um den für mich nächstliegenden erfüllten Moment meines Lebens:
Da sehe ich mich mit 54 Jahren auf einer Jolle in einen kleinen Hafen einlaufen. Es ist ein sonniger Tag, ich bin denkbar gut gelaunt. Beim Blick in den Taschenspiegel sehe ich einen wunderbar erholten Menschen, mich selbst, geradezu glücklich.
BEFREIUNG
Mit 49 starte ich mein Coaching bei Frau Morrien, mitten in einer Befreiungskrise, wie sie diesen fordernden Veränderungsprozess kühn nennt. Wenn ich mit 54 tatsächlich auf dieser Jolle sein werde, so entspannt, wird es zumindest eine Befreiung gewesen sein – Futur II, eine tolle Möglichkeit der deutschen Sprache.
Mit bunten Wachsmalkreiden male ich auf Morriens Anregen hin alle Etappen der P/Review, so nennt sie die geistige Lebensreise, auf ein DIN-A2-großes Papier. Nicht wirklich schön, scheint mir, aber doch erkennbar, und das reicht ja fürs Erste. Immerhin fröhlich wirkt die Jollensequenz im anschließenden Gespräch auf mich. Absolut vitalisierend.
Anschließend leiten wir ausgehend von diesem Motiv eine Satzfolge ab, die einigermaßen lang ausfällt … mit vielen relativen Anschlüssen, „wie ich …“, „wodurch ich …“ dieses oder jenes erlebe/mache/empfinde/denke. Es entsteht eine längere Satzsequenz, die uns als Grundlage für mein Credo dient, das schließlich in sieben einfachen Sätzen auf dem Flipchart steht: Ich lebe gern. Ich liebe meinen Körper. Ich bin erfüllt – um nur drei aus dem entstandenen 7er-Set zu nennen.
CREDO
Dass ich diese Sätze nun täglich aufsagen soll, dreifach zu drei Tageszeiten, am besten morgens, mittags und abends, erscheint mir doch als relative Zumutung. Zumal ich weiß, dass es Tage und Stimmungen geben wird, diametral entgegen diesen Formulierungen. Dennoch, ich lasse mich darauf ein, einer Brücke eingedenk, die da heißt: „Ich bin bereit, mich so oder so zu fühlen.“
Diese Arbeit an meinem Zukunftsszenario bildet den Kern des weiteren Prozesses. Einem Leuchtturm gleich gibt mir das Credo Orientierung unterwegs durch stürmische Gewässer. Dabei umschiffen wir erwartbare widerspenstige Strömungen mit einer gewissen List. Um die neue Möglichkeit auszuloten, der ich mich zu öffnen anstelle, bietet mir Morrien die Magic Collection als Mittel der Wahl für den nächsten Schritt.
MAGIE
Die Übung ist spielerisch angelegt. Drei Kartons fertige ich an, auf denen steht: 1. VERNÜNFTIG, 2. VISION, 3. WEISS NICHT. Sowie sich mir künftig Ideen/Angebote/Träumereien in den Sinn oder unter die Finger kommen, kann und soll ich diese hier einsortieren. Ich habe mich für die haptische Lösung entschieden, für echte Kartons. Virtuell ginge natürlich auch.
Während der folgenden Wochen fällt mir erst einmal nichts weiter auf oder ein, das ich einsortieren könnte oder müsste. Ich bin noch in der Tiefe einer notwendigen Inkubation, meint Morrien. Daher das Rum-EI-ern, sagt sie, das noch verbirgt, was wird, jedoch fraglos bereits in Vorbereitung ist. Ihr Vertrauen in mich scheint unerschütterlich. Das sei begründet, bemerkt sie lakonisch auf Nachfrage, aus Erfahrung.
TÖNEN
Kein Wunder, ich bin ja gewissermaßen noch im Ei, wo es bekanntlich dunkel ist, und sehe folglich nichts. Unser Prozess, führt Morrien derweil aus, wirke wie das Nest, das Wärme und Schutz garantiert. Den Ort, an dem sich die Dinge in der Zeit, die sie nun mal brauchen, entwickeln können.
Dennoch bin ich mitunter nahe der Verzweiflung, zumal Freund*innen schon nach kurzer Zeit zu fragen beginnen, wo ich denn nun stehe und wohin die Reise überhaupt gehen soll. Mein Achselzucken wirkt da wenig überzeugend auf sie und die Arbeit im Coaching zumindest auf ungeduldige Dritte irgendwie überflüssig.
Das ist der Zeitpunkt, an dem mir Morrien auf ihrem Monochord ein Liedchen trällert. Wobei hier von Trällern nicht wirklich die Rede sein kann. Die Töne, die ich da vernehme, sind mir aus der mir bis dato bekannten Musik vollkommen unbekannt.
Es ist, als hörte ich abwechselnd betörend schöne Vogelstimmen, brüllende Löwen, summende Kinder, johlende Menschenmengen und wild rasende Büffelherden. Meinem Blick eröffnen sich dabei ebenso die Weiten der Steppe, die Tiefen des Universums wie auch die Perspektive einer Zwergin in einer Nussschale, die still auf einer Pfütze schwimmt, auf einer Lichtung in dem Wald meiner Kindheit.
RESONANZ
Wie ich aus diesem mich tief berührenden Lauschen und Erleben auftauche, male ich all diese Eindrücke auf, wie es mir gerade in den Sinn kommt. Symbole wechseln da mit Schriftzeichen und Naturmotiven. Wild durcheinander scheint mir das alles. Überraschenderweise macht das Bild mit etwas Abstand betrachtet auf mich einen in sich erstaunlich stimmigen Eindruck.
Es ist, als ob sich mir der innere Spiegel dessen auftut, was ich in den letzten Jahren im Äußeren erlebt habe. Ein Resonanzbild, das mir die Anmutung innerer Stringenz vermittelt. Meinem Empfinden nach macht der ganze Irrsinn dieser Jahre plötzlich total Sinn. Und dieses Gefühl weckt eine tiefe Ruhe in mir, die mir seit vielen Jahren abhandengekommen war.
ANTWORTEN
Mir fällt wieder die Ansicht einer jungen Frau ein, die schreiend durch die Straßen geht, immerzu nur diesen einen Satz wiederholend: „You have no idea!“** Als Videoinstallation war diese akustische Zumutung Teil einer Ausstellung, die wir kurz zuvor gemeinsam besucht hatten. Zutiefst verstörend wirkte da der Ruf der Künstlerin auf mich.
Doch dank der Begegnung mit meinen inneren Bildern in Morriens Praxis ist es mir, als ob ich der Frau nun antworten kann. Ihr, deren Ruf in der Videoinstallation ins Leere geht trotz der Menschenmengen, die sie da durchschreitet.
Es ist mir so, als ob ich mir endlich selbst zuhöre, zugleich das innere Leid und das kraftvolle Aufbegehren wahrnehme, bis dahin tief in mir vor mir selbst verborgen. Es ist, als ob ich mir nun endlich selbst eine Stimme gebe …
AUSSICHT
Am Ende der geschilderten Prozess-Sequenz hat sich meine Stimmung sichtlich gebessert. Dagegen hat sich von außen betrachtet auch nach siebenmonatiger Auszeit noch nichts verändert. Ich bin noch immer auf dem Weg – ohne einfache Lösungen.
Doch bin ich jetzt mit weitaus tieferer Zuversicht unterwegs. Einer Schwangeren gleich weiß ich, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sich mir das Neue zeigen wird … als Aufgabe, als Chance, als Möglichkeit.
Die systematische Reflexion meines bisherigen Lebens hat dieses Wissen in mir zur Gewissheit gemacht: Wenn es an der Zeit ist, erkenne ich das, was mir zugedacht ist. Das geschieht einfach, weil ich darauf über kognitionsbasierte Ansätze hinaus ganzheitlich vorbereitet bin. Ich habe mich buchstäblich auf eine neue Qualität meines zukünftigen Lebens und Schaffens eingestimmt.
STIMMT
Genau besehen haben sich alle meine früheren Veränderungen in dieser Weise vollzogen. Was jedoch bisher unbewusst geschah, ist jetzt Teil eines umfassenderen Selbst-Bewusstseins. Darin findet meine neue Ruhe ihre Grundlage.
* Über die praktische Arbeit im Coachingprozess hinaus diente die Lektüre von Veröffentlichungen zur Beratungs- und Forschungstätigkeit von Birgitt Morrien als theoretische Fundierung.
** Selma Selman: „You have no idea“
Der Autor: Reginald Randorf / (Ex-)Marketing Manager, der sich aktuell Zeit nimmt für seine Bestimmungssuche, um zu gegebener Zeit i.S. seines Namens wegweisend zu wirken.
Mehr Informationen
Personality Unplugged: Morrien, das Monochord und ihr Tönen: PowerPoint Presentation (cop-morrien.de)
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