Wer sieben verschiedene Zahnpasten zu Hause stehen hat, sollte sich vielleicht fragen, ob es möglicherweise ein Problem gibt. Wer bereits sieben unterschiedliche Kommunikationsoptionen unterhält, fragt sich meist, welche weiteren noch zu ergänzen wären. Oder wird danach gefragt. Zumindest in Medienkreisen. – Mit diesem Vergleich startet Birgitt Morrien ihren Essay zu Fragen des persönlichen Medienmanagements.
Mein Credo der Stunde im Umgang mit Social Media lautet: Möglichkeiten prüfen, Auswahl begrenzen, Konzentration üben. Das empfehle ich meinen Coachees. Und auch für mich gilt inzwischen: Um weder mich selbst noch Coaching-Interessierte zu überfordern, bin ich dazu übergegangen, mich dem Sog der medialen Meganova durch Meditation zu entziehen, die mich verstärkt darin fordert, Grenzen zu setzen, um gesund zu bleiben und bei Trost.
Meine Medien-Genese: Mehr machen!
Ich hab es irgendwie kommen sehen, als ich bereits 1982 in den USA zu den Perspektiven der Satellite Communications geforscht habe. Damals lag für mich spürbar ein medialer Quantensprung in der Luft, den ich während meines Studiums „Mass Communications“ begeistert aufgegriffen habe.
Meine Hausarbeiten schrieb ich da bereits am Computer, nachdem ich mich in Deutschland praktisch gerade erst an die elektrische Schreibmaschine gewöhnt hatte. Am College of Communications in Boston jedoch wurde ich als Stipendiatin schon zu Beginn der 80er auf etwas vorbereitet, das noch nicht zu fassen war, also unfassbar.
Zwar galten Satelliten seinerzeit als Domäne militärischer Kommunikation, doch das Potenzial für eine Kommunikationsrevolution gab es damit. Was noch fehlte, war die Form, mit der Satellitennetze global auch für private User nutzbar gemacht werden konnten. Nur wenige Jahre später, 1989, eröffnete das World Wide Web bis dahin ungeahnte Möglichkeiten globaler Vernetzung.
Als ich 1995 mein Coaching-Business startete, entwickelte ich dazu meine erste Website. Eine Art virtuell lokalisierbarer Kaufladen, noch dem meines Großvaters verwandt, was die Dekoration eines feststehenden Ortes betrifft.
Genau zehn Jahre später, 2005, folgte der Blogstart (Coaching-Blogger. mit aktuell rd. 60.000 PI mtl.). Anfangs schrieb ich einmal die Woche einen Beitrag zu meiner Beratungsarbeit oder/und Forschung. Inzwischen sind es zwei Veröffentlichungen, für die ich mir mitunter Unterstützung hole, um die redaktionelle Qualität der Beiträge zu sichern.
Fünf Jahre später, also 2010, begann ich leidenschaftlich zu twittern. Ich mag es, mich kurzzufassen. Es mutet mich an wie eine geistige Übung. Wie die Formulierung eines Koans oder Haikus. Und inzwischen interessiert das, was ich da als Inspirationen, Reflexionen und Informationen verbreite, rund 3.000 Follower. Auch hier lasse ich mich unterstützen, um regelmäßigen Traffic zu garantieren. Der Content der Beiträge jedoch, auf die verlinkt wird, stammt fast ausschließlich von mir. Spontan ergänze ich Fotos und Statements von unterwegs.
Weitere drei Jahre später, 2013, könnte ich nun auf die Möglichkeiten einer wirklichen medialen Meganova zugreifen: Google+, Spotify, About me, SlideShare, Badoo, Tumblr, Instagram, Pinterest, Foursquare … und vielen, vielen Optionen mehr.
Bei Facebook, obgleich extrem populär, bin ich weiterhin relativ leidenschaftslos. Die Plattform behandle ich stiefväterlich. Ich könnte Freunde zukaufen, um Eindruck zu machen, habe mich aber dagegen entschieden. Auch auf dieser Plattform gilt für mich: Traffic wird mit Bordmitteln generiert. Selbst für einen Bluff reicht meine Motivation einfach nicht aus. Zumindest im Rahmen professioneller Vernetzung fühle ich mich von Facebook nicht inspiriert.
Meine Medien-Zukunft: Mehr wirken!
Zurzeit berate ich mich mit einem verständigen Partner zu Fragen der Auswahl aus dem riesigen Pool neuer Social Media. Ich lese Analysen, Trendberichte und verfolge wie immer punktuell die Fachpresse. Als Coach mit eigener ganzheitlicher Methode „DreamGuidance“ nutze ich über die Kognition hinaus auch die intuitive Intelligenz, die ich zielführend ebenso auf meine eigenen kommunikationsstrategischen Fragen anwende.
Ein radikaler Konzentrationskurs kündigt sich an, den ich voraussichtlich mit dem Relaunch meines Blogs (Coaching-Blogger) verbinden werde, der spätestens zum Jahresende online geht. Diese Begrenzung begleitet die Aussicht, mich in einzelnen Bereichen in neuer Weise zu weiten.
Nur der Arme hört den Gesang der Vögel mit dem Herzen, hat uns der heilige Franziskus vorgelebt. Meist übertönt der Reichtum unserer medialen Möglichkeiten diese wunderbaren Stimmen. Nicht zuletzt durch die Kraft der Konzentration, die bei ihm in selbst gewählter Armut seinen Ausdruck fand, gelang es dem berühmten Italiener, nachhaltig zu wirken.
Erhebt das Schwert!
Ich träume von einer neuen Freiheit, möglich geworden durch einen beherzten Cut. Mir scheint, die Inflation medialer Kommunikationsmöglichkeiten provoziert die grenzziehende Gegenbewegung geradezu, den mutigen Befreiungsakt.
Was es dazu braucht:
1. Die Kenntnis der eigenen Mission,
2. die Definition eines überzeugenden Angebotes,
3. die Analyse des Marktes medialer Möglichkeiten mit Blick auf die Zielgruppe(n) und
4. die Abstimmung der Ziele auf das Maß der eigenen Ressourcen.
Mutig mäßigen
Doch nur konzentriertes Vorgehen wird aus dem Viel-zu-viel das Notwendige herausfiltern können. Was dann als Aufgabe bleibt, kann heißen, zwar mehr zu machen als zuvor, jedoch weniger, als die Dynamik der medialen Meganova von uns fordert, tun zu müssen. Es will beherzt entschieden sein.
Die Autorin:
Multiprofessionelle Mentorin & Coaching-Performerin für sinnstiftende Medienkarrieren & kreative Kommunikationskonzepte in eigener Beratungspraxis COP – Coaching • Organisation • Public Relations seit 1995. Außerdem Buchautorin, Bloggerin, Essayistin und Kolumnistin.
Qualifikationen: Dipl.-Kommunikationswissenschaftlerin, M.Sc./USA; Senior Coach DBVC, Management-Supervisorin DGSv, Unternehmenscoach BMWi, RKW, KfW (gelistet); Medienexpertin / Journalistin dju; PR-Consultant DPRG.
Literatur zum Thema von Birgitt Morrien:
Glaubwürdigkeit stärken und Chancen des Internetzeitalters besser nutzen durch Coaching mit DreamGuidance. Zur Bedeutung der Social Media für Kommunikation und Marketing. Reihe: COP-Coaching: Impulse zur Förderung mentaler Mobilität im Medienbusiness. München: GRIN 9.2013
Social Media, Internet und transparente Rhetorik. Das kleine ABC in zeitgemäßer Führung und Kommunikation. Vortrag in Schlaglichtern im Rahmen des DBVC-Coaching-Kongresses 2012 in Wiesbaden.
Coaching mit DreamGuidance. Wie berufliche Visionen Wirklichkeit werden. München: Kösel 2012
"Wendepunkt TV: Die Coaching-Show für neue Lebens-Perspektiven. Konzept und Ablaufplan", in: CoachingBlogger 1.12.2011
Hinweis: Durch die Konzentration auf einzelne Medien wird voraussichtlich zum Jahreswechsel auch die Realisierung eines Video-Webformates mit Birgitt Morrien möglich.
“Erhebt das Schwert” – ich mag die poetischen Anklänge in diesem Beitrag. Überhaupt finde ich auch den Schreibstil sowie die Inhalte super!
Diese Gegenbewegung sieht man bereits in vereinzelten Streik-Aktionen von Menschen, die ihren Facebook Account deaktivieren oder einen Monat komplett ohne Internet leben wollen! In den meisten Fällen agieren sie übereifrig und unüberlegt, was dazu führt, dass ihr Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist.
Danke für den Hinweis, dass es eben wichtig ist genaustens zu filtern und Entscheidungen zu treffen, wie wir uns begrenzen wollen – statt radikal alles umzuwerfen. Schließlich profitieren wir im Grunde sehr von der sozialen Revolution und möchten nicht darauf verzichten.
Ich bitte um mehr Inhalte zu diesem Thema! :)
Pingback: COP - Coaching, News, Aktuell, Aktuelles, Trends, Events, Medien, Newsroom, Köln, Berlin, London
Pingback: COP - Coaching, News, Aktuell, Aktuelles, Trends, Events, Medien, Newsroom, Köln, Berlin, London