Apps. Meine Oma kann ohne, ich nicht

Ältere sträuben sich vielfach gegen technische Neuerungen, weiß Birgitt Morrien, Diplom-Kommunikationswissenschaftlerin und Buchautorin. Das hat Tradition. Jedoch eröffnen sogenannte mobile Endgeräte wie Smartphones auf einfachem Wege Zugang ebenso zu lebenserleichternden Hilfestellungen wie zu umfassendem Wissen und Inspirationen. Grund genug für Coach Morrien, mit einer „App-Story“ eine Brücke zu bauen, die alte Vorbehalte mit jungen Optionen aussöhnt.

Wenn ich mit meiner Großmutter Zug fahre, trällert sie gern Lieder aus ihrer Jugend. Leider erinnert sie sich oft nicht an die vollständigen Texte. Zum Beispiel „Schwarzbraun ist die Haselnuss“, das ist zwar nicht politically correct, aber das weiß sie nicht mehr. Und um ihr eine Freude zu machen, krame ich trotz aller Vorbehalte sofort mein Smartphone hervor. Wir sind ja auch allein in unserem Großraumwagen. Und dann zeige ich ihr auf dem Gerät ein blaues Icon und erkläre ihr, das sei so was wie eine kleine Tür in eine Art gigantisches, weltumspannendes geistiges Netz. Das speichere alles Wissen, auf das wir dank dieser Tür zugreifen könnten wie bei einem richtigen Bibliotheksbesuch.

Oma nickt verständnisvoll, denn sie glaubt an Wunder. Ich berühre das Icon und gehe mit ihr gewissermaßen virtuell auf „Safari“, also auf eine Recherchereise. Dazu gebe ich den Titel des Liedes ein und ruck, zuck erscheint – ganz zu ihrer Freude – der vollständige Liedtext, mit dem ich ihrem Gedächtnis nun auf die Sprünge helfen kann. Oma ist glücklich und singt während der Weiterfahrt nach Augsburg, unserem heutigen Ziel, das Lied gleich mehrfach. Mir ist unwohl, zumal inzwischen weitere Reisende ins Abteil gekommen sind, einige ebenfalls alte Herrschaften, die sie jedoch gewähren lassen. Sie haben offenbar schnell bemerkt, dass meine Oma längst in ihrer eigenen Welt lebt.

Als wir Augsburg erreichen, bin ich mir leider nicht mehr ganz sicher, wohin wir nun gehen müssen. Zwar sind es nur 10 Minuten Fußweg bis zum Ziel, zudem schön zu laufen, hatte Omas alte Freundin am Telefon erklärt. Und da Oma noch immer gut zu Fuß ist, gehen wir zunächst zum Hauptausgang, wo ich schließlich wieder mein Smartphone befrage. Die Karten-App erlaubt mir, Ausgangs- und Zielort einzugeben, um daraufhin den Weg genauestens gezeigt zu bekommen.

Wir gelangen also sicher an die gewünschte Adresse und Oma genießt die Erinnerung an alte Zeiten, die ihr mit jedem Schritt kommt. Hier sind sie plötzlich wieder ganz gegenwärtig. Auch lauscht sie unversehens auf, als wir an einem gediegenen Straßencafé vorbeigehen, aus dessen Lautsprechern ein mir vollkommen unbekanntes Lied tönt. „Das kenn ich, das kenn ich!“, ruft sie und klatscht begeistert in die Hände, während sie die Melodie pfeift. Nur der Text fehlt ihr vollständig, und da das Stück instrumentell ausfällt, greift hier leider auch keine Liedtext-Recherche.

Jedoch kann uns die „Ohr-App“ Shazam weiterhelfen, die ich aktiviere und Richtung Musik halte. Oma staunt, was ich da mache, und ich sage, dass das Gerät nun wie ein Ohr genau zuhöre, um das Gehörte dann mit der großen Netz-Musik-Bibliothek abzugleichen. Mit dem Ergebnis, dass wir einen Augenblick später wissen, dass es sich um „Der Stern, der tat sie lenken“ handelt, ein altes englisches Lied. Auf die Frage, woher sie das kenne, kichert Oma bloß vieldeutig und verrät mir schließlich, von einem feschen jungen britischen Soldaten.

Mehr kann ich ihr nicht entlocken, aber wir haben unser Ziel ohnedies erreicht. Miriam, die Freundin seit Jugendzeiten, öffnet schon die Tür und die beiden alten Frauen umarmen sich herzlich. Die Freude ist groß, und ich fotografiere die beiden schnell mit einer speziellen Kamera-App, Instagram. Ich bearbeite das Foto noch etwas und gebe ihm einen alten Look. Ein wunderbarer Shot, der auch den beiden Freundinnen gefällt. Ob ich es twittern dürfe, frage ich sie, also das Foto öffentlich ausstellen im Netz. „Nu ja sicher“, heißt es da einvernehmlich. Und schon können meine fast 3.000 Follower an diesem freudigen Moment teilhaben, wenn sie denn wollen.

Zum Kaffee reicht uns Miriam schließlich Engadiner Nusstorte, köstlich, und Oma möchte zu gern das Rezept wissen. Die Chefkoch-App verrät es uns, und Oma ist entschieden, zurück zu Hause und mit meiner Hilfe selbst eine solche Torte zu backen. Wir werden sehen, was daraus wird. Miriam jedenfalls schwärmt von dem Konditor vor Ort, der die uns servierte Köstlichkeit hergestellt hat. Ein junger Mann, mit dessen Vater sie seit mehr als 30 Jahren befreundet ist. Der alte Herr spiele so gut Geige, wie sein Sohn süße Köstlichkeiten zaubere, erzählt sie. Und am liebsten höre sie gemeinsam mit ihm klassisches Radio, allein der Überraschung halber. Ich lege das Smartphone auf einen kleinen Holzkubus und sorge via Radio-App und Klassik-Lounge für eine angenehme Hintergrundmusik.

„Was kann das Teil eigentlich nicht?“, fragen die beiden amüsiert. „Träumen“, sage ich. „Aber mit meiner eigenen COP-Coach-App verrate ich Interessierten immerhin, wie sie sich selbst ihre (beruflichen) Träume erfüllen können.“ Das Thema gefällt den Ladys, und so verbringen wir den Rest des Nachmittags damit, einander von unseren Träumen zu erzählen, von den bereits erfüllten und von denen, die wir uns noch erfüllen wollen.

 

Mehr Informationen: Glaubwürdigkeit in gläsernen Zeiten
 

Profil der Autorin:

Birgitt Morrien ist seit 1995 in eigener Beratungspraxis "COP – Coaching, Organisation & PR" in Köln tätig. Qualifikationen: Dipl.-Kommunikationswissenschaftlerin, MSc./USA; Senior Coach DBVC, Management-Supervisorin DGSv , Unternehmenscoach BMWi, RKW, KfW (gelistet); Medienexpertin / Journalistin dju; PR-Consultant DPRG;

Buchveröffentlichungen
zu eigener ganzheitlicher Coaching-Methode "DreamGuidance", die sinnstiftende Karrieren und kreative Konzepte im (Medien-)Business fördert. Ihre jüngste Veröffentlichung "Coaching mit DreamGuidance. Wie berufliche Visionen Wirklichkeit werden" ist Ende 2012 im Kösel Verlag / Random House erschienen.

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