Wie ich in sieben Schritten die Welt von Kult und Kultur durchmaß. Ein leichtes Unterfangen, erst im Rückblick kühn. Davon heil heimgekehrt, bin ich nun reich an neuen Eindrücken, Einsichten & Erfahrungen.
Teil III:
- Gestreift: Nichtjüdische NS-Verfolgte samt stolzer Nachfahrin
- Unvergessen: Coach in Menopause
Und dann noch dies: Lehrplan außerhalb des Curriculums
1. Gestreift: Nichtjüdische NS-Verfolgte samt stolzer Nachfahrin
Best Ager + gehören für mich jener Generation an, die den Faschismus noch miterlebt hat. Bei den ehemals Verfolgten darunter werden frühere Traumatisierungen oft dann wieder wachgerufen, wenn Hilflosigkeit heute sie an vergangene Ohnmachtserfahrungen erinnert.
Eine Fachtagung* wollte kürzlich für den kompetenten Umgang mit Betroffenen in der Altenhilfe sensibilisieren. Eingeladen hatten die Kölnische Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und das Rubikon, Beratungsstelle für Lesben und Schwule. Grund: Ehemalige NS-Verfolgte sind jüdisch, aber sie sind auch lesbisch oder schwul.
Ganz stolz eine Stimme der jungen Generation in Westeuropa: „Je suis Arabe“, bekennt eine junge afro-französische Lesbe in die Kamera**. Ihr Blick verrät einen Geist, geschärft an den Gegebenheiten immigrierter Wirklichkeit: Dem wilde Wut und Gnade zugleich geläufig sind, darin durch sozialen Ausschluss begünstigt.
(*Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte &
**Internationales Frauenfilmfestival, Köln, Mitte Oktober )
2. Unvergessen: Coach in Post-Menopause
„Seit genau 28 Tagen ist es meine Aufgabe, diese neue Ausstellung zu hüten wie meinen Augapfel. Niemand darf der gigantischen Wollwand etwas anhaben, die sich aus Tausenden meterlangen Wollfäden zusammensetzt, von einer Künstlerin in tiefes Rot getüncht. Doch anfassen darf sie jede/r.
Wenn ich mit meinen Händen hineingreife, sind sie nachher rot. Den Besucherhänden geht es ebenso. Und der Sog ist bei allen groß, wieder und wieder hineinzugreifen. Als sei das gesund oder würde Geld bringen. Nun ja, aber da, wo die Fäden zuerst ganz blass wurden, verstand ich immerhin endlich den Titel: Post-Menopause.“
Als bei der Museumswärterin der Groschen fiel, stand ich nah bei und sah ihr zu.
(Jahresrückblick auf die „Post-Menopause“ von Rosemarie Trockel, Museum Ludwig, Köln, Ende Oktober 2005)
Und dann noch dies: Lehrplan außerhalb des Curriculums
"Wenn man als Fremder sein muss wie die Mehrheit,
dann ist man irgendwann besser als sie"
Charles Aznavour,
Franzose armenischer Abstammung
Die Texte streifen einen Lehrstoff, dessen Inhalte nur jenseits offizieller Curricula unterrichtet werden: Alle Protagonisten stehen außerhalb einer als Ideal vorgegebenen Norm. Als Außenstehende müssen sie besondere Fähigkeiten entwickeln, um sich dennoch zu behaupten. Exemplarisch steht dafür etwa der Fall einer erfolgreichen Managerin, wie ihre Kollegen mit einer Frau verheiratet. –
Womöglich sind Sie an dieser Stelle irritiert, was lediglich Ihre an Hetero-Normen geschulten Denkgewohnheiten widerspiegeln würde. Mit möglichen Irritationen dieser Art ist diese Managerin alltäglich konfrontiert, wenn sie sich zu ihrer Lebensweise äußert.
Da ich mich in der Beratung für Potenziale interessiere, habe ich mit ihr gemeinsam analysiert, welche Fähigkeiten sie entwickeln musste, um dieser alltäglichen Herausforderung erfolgreich gewachsen zu sein.
Dabei geht es mir zunächst um die verspätete Würdigung einer "harten Schule" und ihrer besonderen Leistungen*, bis dato nirgends erwähnt. Davon ausgehend gilt es zu zeigen, wie die Managerin diese besonderen Fähigkeiten gewinnbringend in ihren Arbeitsalltag integrieren kann, für ihre eigene Karriere und für das Unternehmen.
Hintergrund: Im Laufe der Jahre habe ich vielfach Coachees beraten, die sich aufgrund ihrer religiösen Ausrichtung, ihres Alters, ihres Geschlechtes oder ihrer sexuellen Orientierung mit konkreter Diskriminierung am Arbeitsplatz konfrontiert sahen, bzw. aus Angst davor einen wichtigen Teil ihrer Identität verschwiegen.
*Eine ausführliche Auflistung dazu folgt demnächst als "Zertifikat für außerordentliche Leistungen" (Arbeitstitel). In diesem Rahmen werde ich den genannten Fall ausführlicher vorstellen.