SIE, es geht auch ohne (?)

Wie Medien wirken (Illustration: Thilo Rothacker / FAS) 22.06.2014)

Birgitt E. Morrien

Nicht umsonst heißt ein bekanntes Wochenmagazin „Der Spiegel“. Dinge, die geschehen, werden dort reflektiert. Und da auch andere Medien dies zu tun pflegen, wirken diese ebenfalls wie Spiegel.

Wir sind ein Frauenhaushalt und sind verwundert darüber, uns dennoch beim morgendlichen Blick in die Wochenendausgabe des Kölner Stadtanzeigers* alle sozusagen „mit Bart“ widergespiegelt zu finden.

Denn vom Anblick des Covers bis zur letzten Seite der Ausgabe fanden sich, abgesehen von wenigen Ausnahmen, nur die Konterfeis junger, mittelalter und älterer Männer, sei es mit, sei es ohne Bart.

Der Blick in diesen Spiegel verursacht mir einen Schwindel und verzerrt die Selbstwahrnehmung, denn in diesen Spiegel blickend, gibt es uns kaum. Wie sollen wir uns also darin wiederfinden?

Wir haben bisher keine expliziten Frauenmagazine abonniert. Auch keine ausgemachten Männermedien. Von unserer Tageszeitung erwarten wir eine ausgewogene Darstellung beider Geschlechter.

Mir zuzumuten, ich solle mich in der Vielzahl einseitiger Darstellungen wiederfinden, kommt der Forderung gleich, mir einen Bart wachsen zu lassen. Dann wären die allzu vielen Spiegel dieser Art auch meine.

*Wochenendausgabe 22./23. September 2015

 

Kommentierende Mail* seitens Claudia Lehnen, Ressortleiterin Magazin beim Kölner Stadtanzeiger:

Liebe Frau Morrien,

haben Sie herzlichen Dank für Ihren Leserbrief. Ich kann Ihnen nur beipflichten. Es gibt auch in den Konferenzen des Kölner Stadt-Anzeiger immer wieder Diskussionen zu diesem Thema. Generell spricht sich (auch von den männlichen Kollegen ) nie jemand gegen mehr Frauen im Blatt aus. Allerdings passiert es trotz Bemühungen dann doch immer wieder, dass vor allem Politik und Wirtschaft vom männlichen Geschehen dominiert werden (wobei wir Gott sei Dank ja immerhin eine Kanzlerin haben, die ab und an abgebildet wird).

Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass wir eine Zeitung machen müssen, mit der sich die Leser und die Leserinnen identifizieren können. Selbstverständlich gelingt das leichter, wenn die Menschen im Blatt das eigene Geschlecht haben. Insofern bin ich auch der Meinung, dass eine Ausgewogenheit hier dringend nötig ist.

Im Magazin haben wir glaube ich einen etwas weiblicheren Blick auf die Dinge und hier spiegeln wir auch fast häufiger weibliche Geschichten als männliche. Das ist ein gewisser Ausgleich. Dennoch könnte man auch hier einwenden: Frauen sollten nicht nur in eine Beilage gepresst werden. Sondern auch im Hauptblatt neben den männlichen Kollegen stehen.

Ich versichere Ihnen, dass ich auf diesen Umstand immer mal wieder hinweisen werde. Vielleicht darf ich Ihnen verraten, dass wir im Spätherbst auch eine Aktion geplant haben, die Ihrer Sicht der Dinge sicher entgegenkommt.

Schreiben Sie mir bitte immer wieder gerne, wenn Sie Kritik oder Anregungen haben. Nur so können wir uns immer verbessern. Umso angenehmer, wenn Sie ansprechen, was ich so gut nachvollziehen kann.

Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende! Claudia Lehnen

Claudia Lehnen
Ressortleiterin Magazin/Panorama/Kindernachrichten

Kölner Stadt-Anzeiger, Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln
0221/2242536; 0171/7628717

Twitter: @klehnen,
Instagram: Claudia¬_Lehnen

*28.09.2015


Karriere mit Sinn

 

 

Schreibe einen Kommentar