Kraft tanken dank Panne

Panne. (Foto: Birgitt Morrien. Zentralsibirien 2011)

Spontan entschloss ich mich am Sonntag dazu, der Einladung eines unserer Patenjungs zum Frühstück zu folgen. Da jedoch meine Lebensgefährtin das Auto für einen Wochenendtrip genommen hatte, lieh ich mir den Wagen eines Freundes.

Aus Gefälligkeit wollte ich ihm ein paar Liter Benzin zutanken und fuhr also zunächst eine Tankstelle in der Nähe an. Dort entdeckte ich leider zu spät, dass der Wagen nur Diesel schluckt – das Superbenzin lief bereits in den Tank. Ich blieb erstaunlich gelassen, auch wenn der Tag nun deutlich eine neue Richtung nahm.

Die Servicekraft der Tankstelle, eine etwa dreißigjährige sehr freundliche Frau, telefonierte sofort mit ihrem Chef, um zu klären, was zu tun sei. Keinesfalls mit dem Wagen fahren, hieß es, abstellen und abwarten, bis eine externe Fachkraft anreist, um das Benzin abzutanken.

Immerhin war schnell jemand gefunden, der sonntags bereit war, diesen sehr hilfreichen Dienst zu übernehmen. Nur eine halbe Stunde sollte ich warten müssen, die zu überbrücken ich mir einen viel zu großen Cappuccino orderte und in der Sonntagszeitung zu blättern begann.

Zugleich nahm ich die Servicekraft aus dem Augenwinkel wahr. Das stete Eintippen der Preise für Tankfüllungen, das freundliche Nachfragen, ob sonst noch etwas erwünscht sei, die netten beiläufigen Bemerkungen zum Wetter, die aufheiternden Worte zu traurig dreinblickender Kundschaft, das erfrischende Lachen mit sonntagsfreudigen Gästen, die sich mit Zeitung und Brötchen versorgten.

Es schien mir, als würde sie ein durchgehendes Gespräch führen. Die wechselnden Menschen, denen sie sich widmete, nahmen den Geist einer Person an, die sich an ihr vorbeischlängelte, mal in dieser, mal in jener Laune, von der Frau immer stimmig empfangen, ihr wie in perfekter Anpassung angeschmiegt.

Ich war begeistert: Was, wenn wir alle einander so begegnen könnten?! Wie wäre die Welt wieder eins. In jedem Nächsten begegnete uns nur je wieder ein anderer Aspekt ein und desselben Wesens. Wir wären immer verbunden, nie wieder allein, niemals verlassen. Immer wäre da jemand, niemand uns fremd, alle uns irgendwie vertraut.

Wie ich so dasaß und ihr zuschaute, spürte ich eine große Dankbarkeit darüber, dort sitzen zu dürfen. Geradezu freudig war ich gestimmt, als der Dienstleister schließlich eintraf und mir aus der Patsche half. Für viel Geld, das ja, aber was habe ich in dieser Stunde für’s Leben gelernt!

 

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