Die Lehren lernender Mönche

Buddhistische Klosterschüler (Foto: Birgitt Morrien. Darjeeling 2012)

Der Autor liefert uns in seinem Reise- und Tätigkeitsbericht Einblicke in ein entferntes Land und die Abgeschiedenheit eines Klosters, in dem Großzügigkeit und Bescheidenheit wichtiger sind als Gier und Neid.
 

Von Maurice Morrien

Englischförderungsprojekt im buddhistischen Kloster Serlo.
Eine faszinierende Reise in eine fremde Welt

Reisedauer 03.03.–30.04.2012
Klosteraufenthalt 15.03.–25.04.2012

Vorwort oder: Eine Idee wird Wirklichkeit
Im September 2011 traf ich auf der goldenen Hochzeit meiner Großeltern meine Großtante wieder, die ich das letzte Mal als Kind gesehen hatte. Dass sie seit Jahren in Indien sozial engagiert ist, wusste ich, nicht aber, dass sie neuerdings auch in Nepal aktiv ist. Jedenfalls erzählte sie mir von einer bevorstehenden Reise nach Nepal und dass sie dort mit Dr. Kurt Lehmann, einem Bekannten, verschiedene Projekte unterstütze. Das Gespräch mit ihr weckte mein Interesse, und in den folgenden Wochen ging mir der Gedanke, möglichst bald dieses Land zu bereisen, nicht mehr aus dem Kopf.
Das Problem war natürlich – wie es bei den meisten Reisewilligen der Fall ist, die für längere Zeit ins Ausland möchten – Zeit- und Geldmangel. Ab Februar würde ich zwei Monate Semesterferien haben, aber in denen müsste ich ein Praktikum absolvieren, um mein Studium der Erziehungswissenschaft rechtzeitig abschließen zu können. Mir kam die Idee, ob es nicht möglich wäre, meine bisher gelernten Studieninhalte in einem Praktikum in Nepal praktisch umzusetzen. Die Gedanke, mich im Ausland sozial zu engagieren, ein völlig anderes Land und eine neue Kultur kennenzulernen, reizte mich sehr.
Als meine Großtante Ende 2011 aus Nepal zurückkehrte, rief ich sie direkt an, fragte sie nach ihrer Reise und erzählte ihr von meiner Idee, die gleich ihre Zustimmung fand. Sie gab mir die Telefonnummer von Dr. Kurt Lehmann, der seit Jahren an verschiedenen Projekten in Nepal mitwirkt bzw. diese leitet. Das erste Gespräch mit Dr. Lehmann stimmte mich sehr zuversichtlich, da er sagte, dass es durchaus Möglichkeiten und auch Bedarf an Volontärarbeit gäbe. Er setzte sich mit Tulku Pema Tharchin Lama Rinpoche, dem Leiter des Klosters Serlo, in Verbindung, der seine Zustimmung für einen „Arbeitseinsatz“ gab.
Einem Praktikum in Nepal stand also nichts im Wege und ich war erstaunt, wie schnell und einfach es von meiner Idee bis zur Zusage gegangen war. Aber was würde eigentlich meine Aufgabe im Kloster sein? Ich wusste, wohin die Reise gehen, nicht aber, was ich dort tun sollte. Dr. Lehmann verwies mich an Yvonne Wittig, die Gründerin des Münchener Vereins „medihimal e.V.“, dessen Vorsitz sie jedoch abgegeben hat. „medihimal“ ist ein Verein, der Entwicklungshilfe im tibetischen und buddhistischen Kulturkreis in den Bereichen Medizin, Infrastruktur und Bildung in entlegenen Regionen des Himalaya leistet, und Yvonne Wittig hatte schon mehrere Volontäre auf einen Arbeitseinsatz vorbereitet. Von ihr erfuhr ich, dass ich im Kloster Serlo Mönchen Grundlagen in Englisch und Erdkunde bzw. Allgemeinwissen vermitteln sollte.
Leider war es nicht möglich, für „medihimal“ nach Nepal zu reisen, da dem leitenden Vorstand des Vereins meine Bewerbung zu kurzfristig war. Dies bedeutete aber nur, dass ich nicht im Namen einer offiziellen Organisation meinen Einsatz durchführen würde. Da ich jedoch die Zusage vom Klosterleiter und mit Dr. Lehmann und Yvonne Wittig zwei erfahrene Fürsprecher und Unterstützer hatte, die mich auf meinen Aufenthalt im Kloster vorbereiteten, war ich darauf nicht angewiesen.

Projekt- und Unterrichtsvorbereitung
Im Januar und Februar 2012 bereitete ich mich in enger Zusammenarbeit mit Yvonne Wittig und dem Volontär, der im September und Oktober 2011 im Kloster Serlo gelebt hatte, auf meinen Aufenthalt vor. Mit Yvonne Wittig besprach ich den allgemeinen Ablauf und die Aufgaben, die ich zu erledigen haben würde. Sie gab mir Tipps, worauf ich achten und wie ich mich am besten verhalten sollte, da sich das Leben im Kloster deutlich von hiesigen Lebens- und Verhaltensweisen unterscheidet. Nicht, dass es für mich schwierig wäre, mich anzupassen, aber viele Dinge macht man unbewusst „falsch“, wenn man vorher nicht darauf hingewiesen wird (auf die Klosterregeln gehe ich weiter unten noch gesondert ein). Materialien für den Unterricht, wie zum Beispiel Englischbücher und Hefte, waren im Kloster vorhanden, sodass ich mich darum nicht kümmern musste.
Mein „Vorgänger“ gab mir genaue Informationen über die bestehenden Klassen, die Klassenstärke und das Alter der Mönche. Natürlich schilderte er mir auch seine Erfahrungen und gab mir Tipps, wie ich Fehler, die er gemacht hatte, vermeiden könnte. Nach vielen Gesprächen mit Yvonne Wittig und dem letzten Volontär fühlte ich mich gut vorbereitet und hatte eine ungefähre Idee davon, was mich erwarten würde.

Ankunft in Nepal
Am 03.03.2012 flog ich vom Flughafen Düsseldorf nach Kathmandu, der nepalesischen Hauptstadt, wo ich von einem Mitarbeiter des Klosters abgeholt und zu einem Hostel gebracht wurde. Da der Unterricht im Kloster nach den Winterferien erst am 15.03. wieder begann, hatte ich noch knapp zwei Wochen Zeit, um Land und Leute schon einmal kennenzulernen. Nach zwei Tagen in Kathmandu fuhr ich mit dem Bus Richtung Süden zum Chitwan-Nationalpark an der Grenze zu Indien, wo ich einige Tage blieb. Der Nationalpark liegt im Terai, einer fruchtbaren Tiefebene nur wenige hundert Meter über dem Meeresspiegel, und beheimatet unter anderem Nashörner, Tiger und Krokodile. Hier die Natur auf mich wirken zu lassen, war ein besonderes Erlebnis.
Danach reiste ich nach Pokhara. Die Stadt liegt im geografischen Mittelpunkt des Landes, am Phewa-See, dem zweitgrößten See Nepals. Bei gutem Wetter hat man von Pokhara aus einen traumhaften Blick auf den Himalaya, und der Berg Machapucharé (6.997 m) mit seiner auffallenden Fischschwanzform ist deutlich zu erkennen.
Entfernungen von einem Ort zum anderen sind in Nepal in Kilometern gemessen verhältnismäßig kurz, trotzdem muss man auch für kurze Strecken fast immer einen Tag einplanen, da Busse mit durchschnittlich nicht mehr als 30 Stundenkilometern fahren und oft anhalten. Daher brach ich nach nur wenigen Tagen in Pokhara wieder Richtung Kathmandu auf, um sicherzugehen, dass ich meinen Flug Richtung Kloster nicht verpasste.

Das Kloster
Das Kloster Serlo oder mit seinem vollen tibetischen Namen Ngagyur Sergon Lungrig Sheddup Zungdel Ling (Higher Buddhist Studies and Research Center) liegt im südlichen Teil der Region Solu Khumbu, der „Heimat der Sherpas“, in Nepal. Es wurde 1959 von dem berühmten Mönch, Lehrer und Forscher Ven. Khenpo Sangye Tenzin (1924–1990) gegründet, liegt 2.870 m über dem Meeresspiegel und bietet eine atemberaubende Sicht auf den Berg Shorong Yulha, der mit 6.959 m Höhe die Schutzgottheit der Region Solu Khumbu ist.
Ven. Khenpo Sangye Tenzin wurde in Tibet ausgebildet, wie es unter buddhistischen Geistlichen seiner Zeit üblich war. Zwölf Jahre studierte er an verschiedenen großen Mönchsklöstern der Nyingmapa-Tradition in der osttibetischen Region Kham, wo er von zahlreichen hohen Lehrern unterrichtet wurde und verschiedene spirituelle Praktiken lernte.
Als Tenzin in seine Heimat zurückkehrte, gründete er mit den Mitteln, die ihm seine Lehrer für diesen Zweck bereitgestellt hatten, ein kleines Kloster. Mit der Zeit wurde er unter Tibet- und Himalayaforschern aufgrund seines umfangreichen Wissens bekannt. Sein bedeutendster westlicher Anhänger ist Matthew Kapstein, der unter anderem Übersetzer für seine Heiligkeit den Dalai Lama ist.
Nach Tenzins Tod 1990 übernahm Tulku Pema Tharchin Lama Rinpoche (Jg. 1963) die Leitung des Klosters, der über die folgenden Jahre und bis heute den Klosterkomplex immer wieder renovierte und erweiterte. So wurden das Kloster und die wachsende Klostergemeinde unter ihm um einen beeindruckenden Stupa (Kultbau), ein komplexes permanentes Wasser- und Stromversorgungssystem sowie mehrere Gebäude erweitert. Das Stromversorgungssystem liefert zusätzlich genug Strom für umliegende Dörfer. Alle bisherigen Renovierungen und Projekte wurden fast ausschließlich von der Klostergemeinde und ohne Zuhilfenahme schweren Gerätes wie Bagger und Lkw durchgeführt.
Nach Gründung einer eigenen Klosterschule 1998 und dem ersten Abschlussjahrgang 2008 hat das Kloster Serlo heute den Ruf eines einzigartigen Zentrums für Praxis und Lehre des buddhistischen Glaubens unter allen tibetisch-buddhistischen Gemeinden des nepalesischen Hochlandes.
Mit Tulku Pema Tharchin Lama Rinpoche und drei Lehrern umfasst die Klostergemeinde gegenwärtig 75 Mönche, wovon der Großteil zwischen 11 und 18 Jahren alt ist. Etwa 20 Mönche sind zwischen 18 und 25 Jahren alt.

Klosterregeln und Verhaltensweisen
– Beim Betreten von Räumen werden die Schuhe ausgezogen.
– Buddhistische Gebäude und Denkmäler wie z. B. Stupas werden im Uhrzeigersinn umrundet.
– Das Klosteroberhaupt Tulku Pema Tharchin Lama Rinpoche ist mit Rinpoche anzusprechen.
– Tische, die teilweise sehr niedrig sind, werden umrundet und nicht überstiegen.
– Sich auf Tische zu setzen, wird als unhöflich empfunden.
– Niemand beginnt vor Rinpoche bzw. dem ranghöchsten Mönch mit dem Essen.
– Der buddhistische Rang wird häufig mit der Höhe des Sitzes ausgedrückt; der beste Sitz wird der höchsten Respektsperson im Raum angeboten.
– Mitglieder der Klosterleitung sollten mit einem Nicken und Blickkontakt oder einem freundlichen „Namaste“ (Hallo) begrüßt werden.
– Gegenstände werden der Klosterleitung mit beiden offenen Handflächen gereicht.
– Großzügigkeit sowie Bescheidenheit sind wesentliche Bestandteile des Buddhismus; dies sollte immer bedacht werden.

Der Unterricht im Kloster
Nach Ankunft im Kloster hatte ich einen Tag Zeit, um mich in die Materialien, die mir mein Vorgänger hinterlassen hatte, einzuarbeiten. Alles war gut dokumentiert und deckte sich mit dem, worüber ich bereits informiert worden war.
Ich unterrichtete fünf verschiedene Klassen von sonntags bis freitags, jeweils 60 Minuten. Der Samstag war unterrichtsfreier Tag, an dem morgens das Kloster geputzt oder Feuerholz geholt und nachmittags gespielt wurde. Die fünf Klassen waren grob nach Alter und Englischkenntnissen unterteilt.
 1. Klasse: 08:00–09:00 Uhr, 14 Schüler, 13–18 Jahre
 2. Klasse: 10:00–11:00 Uhr, 28 Schüler, 14–20 Jahre
 3. Klasse: 13:00–14:00 Uhr, 15 Schüler, 11–15 Jahre
 4. Klasse: 14:00–15:00 Uhr, 8 Schüler, 15–20 Jahre
 5. Klasse: 20:00–21:00 Uhr, 7 Schüler, 20–25 Jahre

In den ersten Unterrichtsstunden überprüfte ich, was die Mönche von dem, was ihnen beigebracht worden war, noch beherrschten. Die Wiederholung lief überwiegend gut, erstreckte sich aber über die ganze Unterrichtszeit, da den Mönchen im Schreiben, Sprechen und Gebrauch des Englischen die nötige Routine fehlte. In der 3. Klasse waren die meisten Mönche erst seit Anfang des Jahres im Kloster und hatten bis dahin möglicherweise nur kurz in der Schule Englischunterricht genossen. Daher waren ihre Englischkenntnisse eher gering. In den anderen Klassen konnte ich an bereits Gelerntes gut anknüpfen. Teilweise war aber auch das Leistungsgefälle innerhalb einer Klasse recht stark, sodass sich Unterrichtseinheiten zeitlich in die Länge zogen.
In den Klassen 1, 2 und 4 wiederholten wir zunächst alles bisher Gelernte. Die Wiederholung umfasste das englische Alphabet sowie die Zahlen von 1 bis 1.000, die Uhrzeit, Präpositionen, den Familienstammbaum, Wochentage, Tiernamen und die Personalpronomen in Subjektform mit dem Verb „to be“ (I am, you are, he/she/it is, we are, you are, they are).
Als alle Mönche Aufgaben sicher bearbeiten konnten, begann ich mit neuen Themen. Zunächst versuchte ich den Schülern die positive als auch die negative Frageform des Verbs „to be“ zu vermitteln, wobei sich Übungen gut mit neuen Adjektiven und Verben verbinden ließen. Die richtige Anwendung der Personalpronomen plus Verben nahm viele Unterrichtsstunden in Anspruch, zeigte aber nach einiger Zeit erste Erfolge. Als Nächstes lernten die Mönche verschiedene Fragewörter (what?, who?, when?, where?, why?), um auch konkrete Fragen stellen zu können und nicht nur Fragen mit dem Verb „to be“, auf die meistens nur mit Ja und Nein geantwortet werden kann.
Immer wieder baute ich Unterrichtseinheiten in Erdkunde ein, die sich mithilfe einer großen Weltkarte für Kinder gut umsetzen ließen. Hierbei ging es hauptsächlich darum, sich geografisch auf der Erde zurechtzufinden. Wir sprachen über die verschiedenen Kontinente, Länder und Weltmeere. Als die Schüler die Lage und Namen der Kontinente und Meere bestimmen konnten, wandten wir uns den Himmelsrichtungen zu, um ausdrücken zu können, wo ein Land oder eine Stadt liegt. Die Mönche zeigten an den Erdkundestunden besonderes Interesse und nahmen dementsprechend schnell neue Inhalte auf und verinnerlichten sie.
Bei allen Themen legte ich großen Wert auf die richtige Aussprache, da diese bei vielen Schülern ein Problem darstellte. So gab es deutliche Schwierigkeiten bei der Aussprache des Buchstaben F, der immer wie ein P betont wurde, und der Buchstaben B und V, die die Mönche nahezu gleich aussprachen. Hierbei war auffällig, dass es den jüngeren Schülern oft leichter fiel, die Aussprachedefizite zu beheben, als den älteren, da bei diesen Aussprache und Kieferbau schon gefestigt waren.
Neben dem Sprechen erteilte ich zu allen Themen umfangreiche Schreibaufgaben. Wenn ich den Eindruck hatte, dass ein Themengebiet ausreichend besprochen und von den Schülern sicher beherrscht wurde, ließ ich mehrere Male einen angekündigten Test schreiben, der meistens mit einem kurzen Diktat begann.
Der Unterricht in der 3. Klasse, in der fast alle Mönche neu im Kloster waren und nur geringe Englischvorkenntnisse hatten, gestaltete sich zunächst schwieriger. Da keine Anknüpfungspunkte wie in den anderen Klassen bestanden, fehlte die Basis, über die der Unterricht leichter hätte starten können. Große Hilfe war mir ein Mönch, der im Waisenhaus groß geworden war und dort seit frühester Kindheit Englisch gelernt hatte. Sein Englisch war sehr gut und er stand mir als „Dolmetscher“ zur Seite.
Nach einiger Zeit im Kloster beherrschte ich die Personalpronomen und einige Adjektive in Nepalesisch, was im Unterricht auch eine Hilfe war. Zudem fanden die Mönche meine Aussprache sehr amüsant, die sie zwar verstanden, die für sie aber doch sehr eigenartig geklungen haben mag. Themen des Englischunterrichts waren – wie bei den anderen Klassen als Wiederholung – das Alphabet, die Zahlen, einige Adjektive und die Personalpronomen in Subjektform mit dem Verb „to be“. Auch hier habe ich versucht, eine gute Mischung aus mündlichen und schriftlichen Aufgaben sowie Tests zu finden.

Was es im Kloster außerdem zu tun gab
Hauptaufgabe meines Aufenthaltes im Kloster war der tägliche Unterricht. Daneben unterstützte ich die Mönche aber auch bei anfallenden Arbeiten wie zum Beispiel Holz hacken, Holz zersägen und Brennholz holen. Da im Kloster über einer offenen Feuerstelle und nicht auf einem Herd gekocht wurde, fielen diese Tätigkeiten doch recht häufig an.
Wie anfangs erwähnt, verfügt das Kloster über ein permanentes wasserbetriebenes Stromversorgungssystem, das circa drei Kilometer entfernt liegt und bereits vor vielen Jahren gebaut wurde. Zu der Zeit meines Aufenthaltes wurde ein Großteil morscher Strommasten ausgewechselt, wobei immer wieder Mönche und ich tatkräftig mithalfen. Unsere Arbeit war einfach, aber körperlich sehr anstrengend. Überwiegend trugen wir die alten, morschen Masten zurück zum Wasserwerk oder holten benötigte Gegenstände bzw. brachten sie zurück. Dieses Projekt fand oft unter der Leitung Rinpoches statt – er hatte die Gelder zur Erneuerung von verschiedenen Spendern gesammelt.

Fazit einer faszinierenden Reise
Als meine Reise am 03.03.2012 begann, war ich aufgeregt und voller Vorfreude, da ich eigentlich nur wusste, dass der Trip eine außergewöhnliche Erfahrung werden würde. Und ich wurde nicht enttäuscht.
Die ersten Tage im Kloster waren im positiven Sinn sehr intensiv. Das Kloster, die Abgeschiedenheit, die neugierig-schüchternen Blicke der gut 70 Mönche, wer der Neue da eigentlich ist, und die Tatsache, dass ich mich am Ende eines Tages zunächst niemandem mitteilen konnte, waren eine prägende Erfahrung für mich. Nach kurzer Zeit aber wurde aus dem Gefühl des Neuen ein Gefühl der vertrauten Umgebung.
Die ruhige Art der Mönche und der respektvolle Umgang miteinander beeindruckten mich sehr. Faszinierend fand ich die innerliche Ausgeglichenheit und Zufriedenheit, mit der diese Menschen durchs Leben gehen. Viele Dinge und Kleinigkeiten, mit denen wir uns in unserem Kulturkreis das Leben stressig und kompliziert machen, habe ich dort kaum erlebt. Natürlich gibt es unter den Kids und Jugendlichen Streitigkeiten, aber beispielsweise Neid, Gier oder Unzufriedenheit, weil jemand gerade nicht das neueste Handy oder die coolsten Schuhe hat, gab es nicht.
Ich glaube, dass ich mit Belanglosigkeiten und Dingen, die mich früher schneller aus der Fassung gebracht haben, jetzt besser umgehen kann. Generell habe ich erfahren, dass man während längerer Auslandsaufenthalte ein anderes Bild seiner Heimat bekommt. Gerade in Kathmandu sah ich Armut und Elend, wie ich sie vorher nur aus der Zeitung oder dem Fernsehen kannte. Das verändert den Blick und man lernt Dinge zu schätzen, die vorher als selbstverständlich galten.
Der Unterricht im Kloster hat großen Spaß gemacht, war anfangs aber auch sehr anstrengend, da sich besonders die Kommunikation herausfordernd gestaltete. Es dauerte gut zwei Wochen, bis wir eine funktionierende gemeinsame Verständigungsbasis gefunden hatten. Neben einigen Mönchen, die bei Verständigungsproblemen übersetzt haben, waren mir die wenigen Worte, die ich in Nepali beherrsche, eine Hilfe.
Leider konnte ich nur sechs Wochen im Kloster bleiben, da die Mönche nach den Winterferien erst am 12.03. ins Kloster zurückkehrten und ich im Mai mein Studium fortsetzen musste. In den sechs Wochen konnte ich im Unterricht einiges vermitteln, aber mir scheint ein Zeitraum, der über sechs Wochen hinausgeht, besser geeignet. Es dauert anfangs einfach eine Zeit, bis man sich an die neue Umgebung gewöhnt, eine Kommunikationsbasis gefunden hat und weiß, auf welchem Level sich jeder einzelne Mönch befindet.
Dennoch war die Idee, mein Praktikum nicht in irgendeinem Betrieb in Deutschland, sondern in Nepal zu absolvieren, die beste, die ich hätte haben können. Die Zeit mit den Mönchen in einem so entlegenen und zu meiner regulären Umgebung so unterschiedlichen Ort war unglaublich schön und hat mich menschlich nachhaltig geprägt.

Der Autor
Maurice Morrien, Jg. 1987, studiert Erziehungswissenschaft (1-Fach-Bachelor) an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster.

Kontakt
maurice.morrien@gmail.com

 

Anhang
Abbildung 1: Maurice Morrien mit Gebetsfahnen
Abbildung 2: Kloster Serlo aus der Ferne
Abbildung 3: Sicht auf Himalaya mit Mount Everest in der Mitte 
 
Erstveröffentlichung im Coaching-Blogger am 06.09.2012

Sinnstiftende Karrieren

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