Das Dao des Westens: Radikale Selbst-Besinnung

 Zum 700. Todestag Margareta Poretes – Autorin des Werks Der Spiegel der einfachen Seelen. Mystik der Freiheit“

 

Jana Symalzek.: 

Meine Güte, ist das ein Stoff, denke ich, als ich das frisch gedruckte Werk erstmals in Händen halte. Ich schaff es nicht, mein Kind endlich zum Schlafen zu bringen, und draußen in der Pizzeria warten seit eineinhalb Stunden drei Freundinnen auf mich.

Frau Porete war keine Mutter!

Und in meiner ersten Lesewut-Attacke denke ich nur: Wenn man sich der göttlichen Liebe verschrieben hat, sagen sich Worte wie die ihren so schön. Aber wie bekomme ich, als manchen Tags schlicht überforderte alleinerziehende Mutter, Zugang zu solcher Heiligkeit?

Mittlerweile liegt das Buch seit drei Tagen hier, und ich habe verschiedene Leseansätze versucht, mit dem dichten, religiösen, philosophischen und ethischen Werk umzugehen: von vorn bis hinten lesen, an irgendeiner Stelle aufschlagen, eine bestimmte Kapitelnummer lesen (es sind 139!), mich mit der Geschichte des Werks befassen.

Doch ich muss feststellen: Am nächsten bin ich dem Buch tatsächlich, wenn ich es gar nicht lese, wenn es in meinen Gedanken „erscheint“, wenn ich versuche, „zu fühlen“, was die Autorin bewogen haben muss, es zu schreiben.

Tatsächlich beginnen, seit ich das Buch lese oder eben erspüre, meine „inneren Stimmen“ miteinander zu kommunizieren: Meine „Vernunft“ fragt sich, ob sie sich nicht manchmal doch zu wichtig nimmt. Meine „Liebe“ freut sich, dass sich in den letzten Tagen so viel mit ihr beschäftigt wird. Mein „Glaube“ wird überhaupt entdeckt und stellt sich dem restlichen System gerade erst vor. Und meine „Seele“ erinnert sich, worauf es mir eigentlich ankommt: auf den Moment im Hinblick auf ein Großes Ganzes.

Und in solchen Augenblicken, wenn ich mit mir selbst und durch mich und über mich hinaus mit dem ganzen Rest der Welt kommuniziere, bin ich plötzlich Frau Porete ganz nah: Sie war jung, sie war intelligent, sie war entbrannt in Liebe (zu Gott), sie hatte eine Menge Humor, sie folgte mutig ihrem Instinkt und ihrem „inneren Wissen“ und, ja, sie konnte nicht wissen, was sie auf sich nahm, als sie dieses Buch schrieb.

Ich freue mich, dass sie es geschafft hat, mit ihrem Werk noch immer „am Leben“ zu sein – wurscht, was zwischendurch alles war: Anklage, Verbrennung, Tod.

Ihr Buch lebt.

Und wenn sie nicht gestorben wäre, hätte ich sie gern mit in die Pizzeria genommen.

So schließe ich mit ihren letzten Zeilen:

Ende

 

Die Autorin:

Jana Symalzek 

 


Karrieren mit Sinn

 

 

 

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